150 Jahre SABA – Das Jubiläumsjahr 1985
Zum 150 jährigen Jubiläum der SABA im Oktober 1985 schrieb Ulrich Rose in der Badischen Zeitung zur jüngsten Geschichte des Unternehmens1 :
„Der französische Riese zimmerte sich seine Schwarzwälder Neuerwerbung völlig neu zurecht. Die alte Firma Saba wurde aufgesplittet und neu organisiert, die Produktionsanlagen konsequent modernisiert, alte Strukturen unter dem Aspekt der Rationalisierung abgeklopft. Verbunden waren diese einschneidenden Maßnahmen mit Entlassungen in ganz beträchtlichem Ausmaß.“ Zu den besten Zeiten gab es 4000 Beschäftigte, unter GTE sank die Zahl unter 3000. Durch Thomson-Brandt wurden hunderte von Arbeitsplätzen wegrationalisiert.
Saba-Dewek-Dagfu-DTB?
1985 stand der alte Firmenname Saba nur noch für eine Vertriebsgesellschaft, die Produkte des Thomson-Brandt-Konzerns verkaufte. Das waren Saba-Fernseher, (2/3 des Umsatzes), Plattenspieler der Marke Dual, ebenfalls zum Thomson-Brandt- Konzern gehörend, Geräte der Unterhaltungselektronik, wie Tuner, Verstärker, Videogeräte. Zur Saba GmbH gehörten knapp 600 Menschen. Der Produktionsbereich des Konzerns wurde zusammengefasst zur Produktionsgesellschaft DEWEK – Vereinigte Deutsche Elektronik Werke GmbH. Die DEWEK beschäftigt in Villingen noch rund 1300 Mitarbeiter. Zur DEWEK gehörten aber auch die Produktion des Plattenspielerwerks in St. Georgen u. Nordmende in Bremen. Die DEWEK als auch die Saba GmbH gehörten unter das Dach der ‚Dagfu‘ – Deutsche AG für Unterhaltungselektronik OHG. Eine Holding mit Sitz in Villingen. Außerdem gab es noch die DTB (ebenfalls Dagfu) – Deutsche Thomson Brandt GmbH, die für die Entwicklung nicht nur der deutschen Produkte, sondern sämtlicher Unterhaltungselektronik-Geräte des Konzerns zuständig war. Das Entwicklungslabor hat annähernd 300 Mitarbeiter.
Jubiläumsfeier „150 Jahre SABA“
Zur Jubiläumsfeier“150 Jahre SABA“ am 30.10. 1985 gab es eine Ausstellungseröffnung in der Villinger Volksbank mit viel Prominenz2
Zu den Gästen gehörten der Ministerpräsident und Festredner Lothar Späth, Hansjörg Häfele, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Bundestagsabgeordnete, Erwin Teufel, Landtagsabgeordneter, Kurt Kempf und Alois Schätzle , beide Landtagsabgeordnete sowie Jacques Fayard, Chef der Deutschen Thomson Brandt.Lothar Späth betonte in seiner Festrede: „Um im Wettbewerb bestehen zu können, gibt es für den Stuttgarter Politiker zwei Notwendigkeiten: Verstärkung sowohl der Innovationsbereitschaft als auch des Forschungsvolumens“ auf europäischem Niveau. Späth wörtlich: “Wir müssen vor allem in der Grundlagenforschung in europäischen Dimensionen denken.“
Wir können nicht auf die Vergangenheit bauen!
Dr. Alexander Lentze, Saba-Geschäftsführer, erklärte, dass es in der Unterhaltungselektronik wenig bringe zurückzuschauen. Lentze wörtlich: „Wir können heute gerade in unserer Branche nicht nur auf die Vergangenheit bauen.“ Der Konkurrenzkampf könne nur bestanden werden, „wenn der Konzern in der Lage sei, die Produktionskosten zu minimieren und die notwendige Forschung und ‚Entwicklung zu bezahlen.“ … „Große Hoffnungen setzte Lentze auf die modernen Kommunikationstechnologien. ‚ich hoffe, dass sich aus den Innovationen jene Schubkräfte entwickeln, die einen langfristigen Aufschwung einleiten‘.“
Andere Redner äußerten, sie seien stolz in Villingen solch ein Unternehmen von Weltruf zu haben. Ministerpräsident Lothar Späth besichtigte das hochmoderne Entwicklungslabor, die Villinger Produktionsstätten und sprach außerdem mit den Betriebsräten. Der Betriebsratsvorsitzende Alfred Moser erhielt vom Ministerpräsident das Bundesverdienstkreuz überreicht3 .
Denkfabrik: Wir machen das mit den besten und billigsten Leuten
Ende November 1985 durften 20 Wirtschaftsjournalisten die „Denkfabrik“ des Thomson Brandt-Konzern in Villingen-Schwenningen mit seinen 320 Mitarbeitern unter Leitung von Geschäftsführer Geiger besuchen4 .
Im Forschungslabor würden jetzt „die elektronischen Steuerungen für die unterschiedlichsten Geräte ausgetüftelt“ … „Daß die Franzosen seit 1980 vor allem in der Bundesrepublik Deutschland die Entwicklungsabteilungen ziemlich umgekrempelt haben, [gab] Erich Geiger auch offen zu. Vor fünf Jahren, so sagt [e] der Entwicklungschef, habe er ‚700 Entwicklungsingenieure für Fernsehgeräte gehabt, aber keiner verstand etwas von CD oder Video‘. Heute seien nur etwa 30 Prozent der Fachleute mit der technischen Verbesserung der Fernsehgeräte befaßt. Der Rest, so Geiger , habe mit der System- und Bauelemente-Entwicklung in den vielfältigen Bereichen zu tun, in denen Thomson-Brandt ansonsten seine Produkte vertreibe. Sämtliche Elektrosteuerungen würden in Villingen konzipiert und baureif fertiggestellt. Die Herstellung der Steuerungen wird dann aber nicht alleine in Fabriken betrieben, die den Franzosen gehören. Erich Geiger: ‚Wir machen das wie ein Architekt, der ein Haus baut: mit den besten und billigsten Leuten‘.“ Jährlich würden für die Entwicklungen in den Labors in Villingen und Hannover 58 Millionen DM ausgegeben, dazu kämen weitere 10 Millionen Mark pro Jahr für Investitionen und Anschaffung von Laborgeräten.5
Wird der Standort Villingen aufgegeben?
Trotz der hohen Qualität der Villinger Forschung titelte Friedhelm Schulz bereits am 20. 12. 1985 im Südkurier : „Gibt Paris Standorte im Schwarzwald auf?“
„Für die rund 1900 Mitarbeiter der Firmen Saba, DEWEK und Dagfu endet das Jubiläumsjahr mit einem Paukenschlag und finden die Weihnachtstage mit bedrohlicher Ungewissheit statt… 1986 stehen offenbar im deutschen Refugium des französischen Staatskonzerns Thomson-Brandt folgenschwere Umstrukturierungen bevor. So wird den rund 110 Mitarbeitern der bisher in Villingen sitzenden Dachgesellschaft Dagfu in einer außerordentlichen Betriebsversammlung heute Vormittag offenbart, dass ihre Arbeitsplätze und der Dagfu-Sitz nach Hannover verlegt werden. Ebenfalls in die niedersächsische Landeshauptstadt umziehen müssen die Exportabteilungen von Saba und Dual. Wenn die Einschätzungen von Insidern zutreffen, ist das der Anfang einer Entwicklung an deren Ende die Aufgabe des Standorts Villingen und St. Georgen stehen könnte. Einzig das Entwicklungslabor von Thomson-Brandt- dort sind 300 Mitarbeiter beschäftigt – wäre dann noch im Schwarzwald angesiedelt. Mit einer spontanen Arbeitsniederlegung machten sich am Donnerstagmittag rund 60 Dagfu-Beschäftigte Luft…. Offiziell wurde den 21 Mitarbeitern der Saba-Exportabteilung in dieser Woche erklärt, daß sie 1986 ihre Büros in Hannover hätten- oder sich andere Arbeitsplätze suchen könnten.“
Der DEWEK-Betriebsrat forderte von der Konzernleitung einen Stopp dieser Maßnahmen und Gespräche für den Januar unter Beteiligung der Konzernleitung, des Betriebsrats, der Landesregierung und der IGMetall.6
Hilfe des Landes ist notwendig für den Erhalt der alten Saba-Arbeitsplätze
Oberbürgermeister Dr. Gebauer wandte sich an Ministerpräsident Späth7 : „Ich brauche Ihnen nicht erneut zu sagen, was es für Villingen-Schwenningen und den gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis bedeutet, wenn Realität würde, was hinsichtlich der Arbeitsplätze dieses Unternehmens in Villingen-Schwenningen derzeit verhandelt wird.“ Das Oberzentrum könne sich weitere Substanzverluste im wirtschaftlichen Bereich nicht leisten. „Die Hilfe des Landes ist unverzichtbar, wenn es um den Erhalt der Arbeitsplätze und der Unternehmen der Thomson-Brandt-Gruppe in Villingen-Schwenningen geht.“
- BZ 10.9.1985 Ulrich Rose: Vom Uhrenhersteller zum Spezialisten für Unterhaltungselektronik. Verluste im Jubiläumsjahr – Große Probleme und schmerzhafte Rationalisierungen in den letzten Jahren. [↩]
- SK 31.10.1985, 150 Jahre Saba-Firmentradition dokumentiert, Ausstellungseröffnung in der Villinger Volksbank mit viel Prominenz – Blick in die Zukunft. [↩]
- SK v. 31.10.1985 Persönliches: Alfred Moser. [↩]
- SK 30. 11.1985 Im Villinger Thomson-Brandt Labor: Millionen für die Forschung/ 320 Mitarbeiter für Staatskonzern in früheren Saba-Hallen tätig. [↩]
- A.a.O. [↩]
- Schwabo 20.12.1985. Verliert Villingen 1500 Arbeitsplätze? Umstrukturierung innerhalb der Thomson-Gruppe/ Alles blickt auf Hannover. Betriebsrat: ‚Sofortiger Stop‘ [↩]
- Schwabo 21./22. 12.1985. War Sorge um Arbeitsplätze unbegründet. Gebauer und Häfele: Sofort reagiert. Gebauer an Späth [↩]